Gerry 365 #321: 17.11. – „Guck dir einfach heute fröhliche Sachen an.“

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Gestern gab es einen Kommentar, der mich hat etwas schlucken lassen. Und ich habe mit der Person auch gesprochen und ihr mitgeteilt, dass ich aufgrund dieses Kommentares den heutigen Blog schreiben werde.
Es geht darum, dass wenn jemand deprimiert ist, Menschen immer mit Vorschlägen kommen wie „Schau dir schöne Sachen an“, „Mach was dir Spaß macht“, „Schau einen schönen Film“. Und die Liste ist noch viel, viel länger.

Ich weiß, dass die meisten dieser Menschen es gut meinen. Sie denken sich oft nichts dabei. Doch, und auch wenn es hart klingt, muss ich dazu einen kleinen Satz loswerden.

ES HILFT NICHT

Sowas ist nicht hilfreich. Ist es nie. Egal zu wem man sowas sagt. Bei krankhaft depressiven Menschen kann dies sogar mehr schaden, als man es selbst gut meint. Warum? Das werden sich einige fragen.
Wichtig: Ich reflektiere hier meine eigenen depressiven Momente. Die einer krankhaft depressiven Person kann ich nur schwer wiedergeben. Daher gilt das, was ich hier schreibe, nicht für alle Arten der Depression.

Also. Warum schadet es? Am Ende, wenn man sowieso schon denkt, dass man falsch … bzw. nicht richtig ist, suggeriert man mit diesen Vorschlägen, dass das was man empfindet, nicht okay ist. Dass es schlecht ist, schlecht drauf zu sein. Oder schlimmer noch: Dass es sich einfach nicht gehört, diese Stimmung nach außen zu tragen.
Kommt euch das aus dem Netz bekannt vor? „Ach dir geht es doch gar nicht schlecht. Anderen geht es schlimmer!“ Das wird von Psychologen gerne als Beispiel angebracht, im Zusammenhang mit den Gefühlen von depressiven Menschen.

Diese Vorschläge und Vorwürfe, können einen noch tiefer in das Loch reißen, in dem sich depressive Menschen oft schon befinden. Auch mir geht es so: Wenn ich deprimiert bin, ist es teilweise wirklich für mich, als würde ich in einem Loch sitzen und alles um mich herum ist düster und negativ.
Ich hab das Gefühl, obwohl ich es besser weiß, allein mit meinen Sorgen und wünschen zu sein. Und manchmal rede ich mir auch selbst ein, dass alles an mir schlecht ist.

Und ja. Es gibt Dinge, die einem irgendwie da raus helfen. Meistens, man selbst, weil man eine Erkenntnis hatte. Manchmal sind es auch Nettigkeiten von Anderen. Aber generell gehören Sachen wie „Mach, was dir Spaß macht“ nicht dazu. Denn das wäre erzwungenes Selbsthandeln und verschlimmert es im Endeffekt nur. Manchmal, und so ist es auch oft bei mir, möchte man einfach diese Depression aussitzen. Und manchmal ist es auch oft das Einzige, was funktioniert.
Was ihr besser machen könntet? Fragt, ob die Person reden möchte und wenn nicht, respektiert das. Das ist alles was ihr in dem Moment tun könnt und was auch helfen kann. Aber verkneift euch bitte dieses „Alles wird gut, wenn du tolle Dinge machst“-Gehabe. Ich z. B. will sowas nicht hören oder Lesen. Denn mich nervt das nur zusätzlich. Und ich bin mir sicher, dass es anderen auch so geht.

Und wenn man krankhaft, also sehr überhäufig deprimiert ist, rate ich dringend Hilfe zu suchen. Professionelle Hilfe. Denn die tun genau das: Sie hören zu und versuchen, aktiv zu helfen.

Gerry

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4 Kommentare zu „Gerry 365 #321: 17.11. – „Guck dir einfach heute fröhliche Sachen an.““

  1. Das eine, was ich bestätigen kann ist, aus eigenen Beobachtungen heraus und aus eigenen Erfahrungen, ist genau das, dass es von innen kommen muss, nicht von außen. Deswegen behandel ich mittlerweile jeden, von dem ich weiß, dass das Problem zutrifft, nicht anders als sonst, um ihnen ein Gefühl von Normalität zu geben. Was auch manchmal als Ignoranz interpretiert werden kann. dogger4Shrug Aber für gewöhnlich öffnen sich die Leute einem dann schnell(er) und ab und an geht es ihnen danach auch ein wenig besser. Für ’ne Weile zumindest.

    Wenn ich Vorschläge mach wie „tu dies, tu das“, sind die zur Erheiterung gedacht, denn dass das das Problem dahinter nicht beseitigt, ist mir selbst auch klar. dogger4NotSure Andererseits bin ich auch nicht die Sorte Mensch, die dir auf die Schulter klopft und sagt „du bist gar nicht depressiv, du bist nur doof.“ dogger4Hehe

    Da geht’s bei mir eher nach dem alten König der Löwen-Motto: Schlimme Dinge passieren nun mal im Leben und man kann überhapt nichts dagegen machen. Warum sich also Sorgen machen? Hakuna Matata. dogger4Derp Daran, was die Leute von sich selbst halten, kann ich nichts ändern. Ich kann ihnen nur immer wieder entgegnen, warum ich sie trotzdem gern hab. dogger4Sip Bis sie es auch irgendwann mal begreifen.

  2. Der Unterschied den man oft gar nicht macht zwischen „es geht einem nicht gut“ und „ich habe grade eine depression/depressiven schub“ macht da wohl die entscheidenden Ausschlag wie man reagiert. Oft hört man nur „es geht nicht gut“ und dann kommen die oben genannten Ratschläge und selbst da, wenn es keine Depression ist heißt es nicht, dass das was bei einem selbst hilft auch bei anderen funktioniert.

    Bei Depression hast du Recht. Da bringt sowas nichts und oft ist auch nur der Weg zu einer professionellen Anlaufstelle eine wirkliche Hilfe und bringt Besserung auf lange Sicht, wenn man den richtigen Ansprechpartner hat. Aber auch da braucht man manchmal einfach jemanden, der einen wortwörtlich in den Arsch tritt und dabei hilft. Denn ich habe auch schon gemerkt, dass oft der erste Schritt zu einem Doc der schwerste ist. Aber für den Anfang ist jemand der zu hört und Verständnis zeigt das richtige. Nicht jeder weiß, dass er depressiv ist, da braucht man manchmal genauso den Blick einer unabhängigen Person oder eines Fremden.
    Teilweise ist es auch leichter mit jemanden Fremden über die Probleme zu reden, als die die man kennt.

    1. Aber auch wenn es einem nicht gut geht, sind solche Ratschläge nicht unbedingt hilfreich.
      Und man muss nicht, wenn man mal deprimiert ist, gleich an den Arzt denken. Das wär übertrieben m. E. .

      1. Hab grade den blog von heute gelesen, weshalb ich zumindest deinen Kommentar verstehe.

        Ich denke, bei manchen Dingen ist es als Text auch nicht so einfach sich auszudrücken, als wenn man dieses Thema in einem Gespräch erörtert wird.

        Bei meinen Kommentaren ist es entweder:
        -eine Meinung von mir (diese kann falsch sein und ich lass mich auch korrigieren) oder
        -es sind Erfahrungen, welche ich bereits gemacht habe

        Und es muss nicht immer ein Doc sein, aber ein unabhängiger Blick auf eine Sache kann einem die Augen öffnen

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